Samstag, 30. März 2013

Meine Freiheit # 1





 Meine Freiheit nummero uno


Ich beobachte Synergien in meinem Leben, die mich in Staunen versetzen. Diese Bögen an Zusammenhang erkenne ich erst, wenn ich zurück schaue. An der Form der Abdrücke im weichen Boden erkennbar, als welches Wesen ich gerade gehe. Auch Themen, die da aufleuchten...

Heute gerade: die Freiheit.
Meine Freiheit bemerke ich zu allererst und am intensivsten daran, ob und wie viel Zeit ich zu meiner freien Verfügung habe.
Wenn ich, wie heute, einfach aufwachen kann – ohne Wecker – und eine Stunde mit meinem Buch im Bett sitzen und meine Gedanken aufschreiben und ordnen kann.

Es gibt viele Eindrücke, die ich gesammelt habe, seit ich zuletzt hier saß und schrieb.
Gestern habe ich die Zeit angehalten, indem ich mich entschieden habe, mit dem Fluß des Lebens mit zu schwimmen:

Da war ein junger Mann im Rollstuhl mit einer älteren Frau, die seinen Rollstuhl schob.
Seine Beine waren verdreht und seine Hände auch – und irgendetwas schienen die beiden  zu suchen.
Es war an einer Straßenbahn-Haltestelle und er sprach Deutsch, seine Mutter nur Italienisch. Er wollte unbedingt das „Sisi-Museum“ besuchen – und hatte nur einen Kreis auf einem groben Plan... der irgendwie die Hofburg einzuschließen schien.
Da bin ich mit gegangen. Sie kamen aus Süditalien, aus der Gegend von Neapel und er hat Deutsch studiert. Seine Mutter konnte kein Wort Deutsch und ER war derjenige, der mit den Menschen Kontakt aufnehmen und was fragen konnte. Wir haben am Weg zusammen gelacht... bewegten uns in Richtung Heldenplatz... überall Touristen und Kameras... irgendwo dann ein Wand-Überblicks-Plan und dort, juhu!, das Sisi-Museum ganz in der Nähe. Ich fühlte mich leicht und froh danach.

Wenn ich mir Zeit NEHME, dann fällt es mir auch schwerer, an BettlerInnen vorüber zu gehen. Dann rührt mich ein Gesicht und seine Lage. Dann entsteht plötzlich Verbindung. Mitgefühl.

Wie auch Mitgefühl mit mir und MEINER Lage - wenn ich mir Zeit nehme.
Im Schreiben habe ich mir heute eine Geschichte erzählt – zu mir und einem Mann, den ich schon lange kenne. Als Freund, als Geliebten und Erinnerung... als "wieder-Gegenwart mit Fragezeichen".

Das, was ich als Liebe kenne, ist ein Wesen, das seine Gestalt wandelt. Es kann ein geduldig-Ausharren sein, ein Verschonen oder eine lustig hüpfende Freudigkeit.
Die Frage: ob es denn Liebe sei - führt...?

Bin gestern an einer Buchhandlung vorbei gekommen und schaute eine Wühlkiste Bücher durch. Ich fand: "Weiß ich, wann es Liebe ist?" von einer isländischen Autorin. Wann hat mich zuletzt ein Buch zum Weinen und - kurz darauf - Lachen gebracht? Herz gewaschen... Bücher als BotInnen :-)

Und heute früh im Bett, beim Schreiben meiner Fragezeichen, als ich der Bange in meinem Körper nachgespürt hatte, plötzlich der Einfall: „Das, was ich mir da gerade erzählt habe, hat mir DIESES Gefühl im Innern beschert. Wie ist es, wenn ich mir die gleiche Geschichte anders erzähle?“ Und das habe ich getan. Es ging ganz leicht, ich fand so rasch die Worte, Bilder und Bedeutungen.

Wenn etwas aber grade wahr gewesen ist - und der bloße Entschluss, mir das alles noch einmal und aus anderem Blickwinkel NEU zu erzählen, eine ganz andere Wahrheit ins Leben bringt: geht es dann nicht darum, mich als Regisseurin meiner Lebensgeschichte immer wieder bei der Nase zu nehmen und statt Tragödien leichtfüßige Liebesgeschichten, Komödien oder ....? in Auftrag zu geben?!

Jetzt weiß ich wieder, dass meine erste Freiheit immer das mir-Zeit-nehmen war und ist. Das mir-Zeit-nehmen ermöglicht mir, meine Leben aktiv zu gestalten. Wenn ich DAS be-herzige, dann blüht aus dem Schlamm meiner alten Verluste, Grolligkeiten und AhnInnen-schweren Blickwinkel: 
die leuchtende Blüte des Liebens wieder auf.

In Dir auch? ;-)